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Städte ohne Staat – und ohne Demokratie // Speakerstour zu den weltweit ersten Privatstädten in Honduras
8. November 2023 @ 18:30 - 20:30
FreeDas zentralamerikanische Land Honduras ist der erste Staat weltweit, der von Unternehmer*innen geführte Privatstädte als Enklaven auf dem eigenen Staatsgebiet zuliess. Um die gesetzlichen Grundlagen dafür zu schaffen, wurde 2013 sogar die Verfassung geändert. Richter*innen des Verfassungsgerichts, die das stoppen wollten, auf illegale Weise einfach ausgetauscht. Seither sind auf der Karibiknsel Roatán, in der Nähe der Industriemetropole San Pedro Sula und im Süden von Honduras drei so genannte „Sonderzonen für Arbeit und Entwicklung“ (ZEDE) in privater Regie entstanden: Próspera, Morazán City und Orquídea. Vorreiterin war 2019 ZEDE Próspera mit eigener, an US-Recht angelehnter, Gesetzgebung, eigenen Gerichten, eigenem Sicherheitsdienst und eigener „citizenship“, die in Estland verwaltet wird. Próspera hat den Bitcoin als eigene Währung eingeführt und eine eigene Bank gegründet. Das Geflecht der Unternehmensgruppe hat sich längst über die Insel Roatán hinaus auf weitere Wirtschaftszweige auf dem Festland und virtuell ausgedehnt.
Die ZEDE galten als Lieblingsprojekt des ehemaligen honduranischen Präsidenten Juan Orlando Hernández, der sich mittlerweile wegen Verschwörung und Drogenhandels in großem Stil in den USA vor Gericht verantworten muss. Ein breites zivilgesellschaftlliches Bündnis protestierte jahrelang gegen die ZEDE. Nach dem Amtsantritt der demokratisch gewählten Regierung von Xiomara Castro wurde das ZEDE-Gesetz 2022 sehr rasch aufgehoben. Die Rücknahme der Verfassungsänderung steht jedoch weiterhin aus. Die Próspera Unternehmensgruppe ließ auf Roatán trotz der Aufhebung des ZEDE-Gesetzes weiterbauen und droht dem honduranischen Staat mit einer Klage von über 10 Milliarden US-Dollar vor einem Schiedsgericht der Weltbank. Die Privatstadt wird von US-amerikanischen, aber auch von deutschen Unternehmer*innen vorangetrieben.
Die AfD-Fraktion brachte 2021 einen Antrag in den Bundestag ein, die deutsche Entwicklungszusammenarbeit auf das Modell der Privatstädte umzustellen; im Juni 2023 berichtete der Norddeutsche Rundfunk von einer Bürgergenossenschaft in Döbeln, die offenbar ebenfalls “Parallelstrukturen zum Staat” anstrebt. Sie wird, laut NDR, teils von den gleichen Netzwerken unterstützt wie Próspera.
Die Referent*innen:
Christopher Castillo ist Architekt und Koordinator der Umwelt- und Gemeindebewegung ARCAH (Alternativa de Reivindicación Comunitaria y Ambientalista de Honduras -ARCAH) und einer der führenden Köpfe des honduranischen Widerstandes gegen die privaten Unternehmer-Städte in Honduras. ARCAH hat mehrere Klagen gegen honduranische Politiker eingereicht, die ZEDE in Honduras möglich gemacht haben.
Foto: Reportar sin Miedo
Venessa Cardenas Woods ist Lehrerin und stellvertretende Vorsitzende des ehrenamtlichen Gemeinderats der Gemeinde Crawfish Rock an der Nordküste der Karibikinsel Roatán (Bay Islands). Crawfish Rock ist die einzige noch von der traditionellen Kultur und Sprache Schwarzer englischsprachiger Inselkariben geprägte kleine Fischergemeinde auf Roatán. Der Gemeinde (und Próspera) gegenüber liegt eines der weltweit bedeutendsten Korallenriffe.
Foto: Honduras Delegation
Weitere Infos, Termine in weiteren Städten und Anmeldung zum Seminar ab Mitte Oktober unter: www.oeku-buero.de
Einlass: 18.30 Uhr
Beginn: 19.00 Uhr
Eintritt: frei
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