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Helmut Eschwege – Das Schicksal eines jüdischen Historikers in der DDR – Vortrag mit Alexandra Bandl
20. Mai 2021 @ 19:00 - 21:00
FreeDer Vortrag konzentriert sich auf das Leben und Werk des ostdeutschen und jüdischen Historikers Helmut Eschwege (1913-1993). Der im Jahre 1913 in Hannover geborene Eschwege floh 1934 zunächst nach Dänemark, von wo er 1937 ins Britische Mandatsgebiet Palästina übersiedelte. Entgegen des Ratschlags zahlreicher Freunde, entschied sich der überzeugte Sozialist bewusst dazu, 1946 in die sowjetische Besatzungszone (SBZ) zurückzukehren. In der Hoffnung auf ein neues, antifaschistisches Deutschland wurde Eschwege Mitglied der Sozialistischen Einheitspartei (SED) und arbeitete in der Landesleitung in Dresden. Bereits während seines Exils in Palästina trat Eschwege in die Kommunistische Partei Palästinas (KPP) bei. Vor seiner Flucht war er Mitglied in der SPD.
Im Rahmen der Diskussion über mögliche Entschädigungszahlungen an die wenigen, überlebenden Juden in der SBZ/DDR, beriet sich Eschwege mit Paul Merker, den späteren Leiter der Hauptverwaltung für Arbeit und Sozialfürsorge. Gemeinsam mit Leo Zuckermann brachte Merker im Politbüro der SED einen Gesetzesentwurf zur Entschädigung jüdischer NS-Opfer ein, der jedoch am neuen Kurs der Parteiführung scheiterte: Nach der anfänglichen Unterstützung Israels kam es zu antizionistischen Kampagnen gegen die Befürworter des Entschädigungsgesetzes und auch die jüdischen Gemeinden der DDR wurden des US-Imperialismus beschuldigt. Als antifaschistischer Staat wurde jegliche Verantwortung für die nationalsozialistischen Verbrechen in den Westen delegiert. Viele Juden, darunter zahlreiche, die zuvor in der Hoffnung auf ein neues Deutschland zurückgekehrt waren, flohen angesichts dieser Ereignisse im Winter 1952/53 aus der DDR.
Diese Kampagne war für den ursprünglich zum Kaufmann ausgebildeten Eschwege einer der Gründe, sich intensiv mit der Geschichte der Judenverfolgung zu befassen. Als einer der wenigen, die sich offen mit jüdischer Geschichte und Antisemitismus befassten, verurteilte er sogar die antiisraelische Linie der DDR-Außenpolitik. 1953 wurde Eschwege zum ersten Mal aus der SED ausgeschlossen und durfte nicht mehr weiter als Ableitungsleiter im Museum für deutsche Geschichte arbeiten. So konnte er sich nur in der Freizeit den historischen Publikationen widmen, die internationale Beachtung erfuhren. Den Hintergrund des Vortrags bildet die Autobiographie “Fremd unter meinesgleichen. Erinnerungen eines Dresdner Juden”, in denen Eschwege über seine Arbeit, die jahrzehntelange Schikane sowie die Behinderung durch die Behörden berichtet. Anhand dieser Schilderungen soll das Leben und Werk des jüdischen Historikers mit all seinen Widersprüchen und Konflikten nachgezeichnet werden.
Die Veranstaltung findet am 20. Mai um 19 Uhr über Zoom statt. Im Anschluss an den Vortrag steht die Referentin für Fragen zur Verfügung.
https://zoom.us/j/97536502039?pwd=cXFRcXR0R2lWWVVxUXVBWlV4ckZpdz09
Meeting-ID: 975 3650 2039
Kenncode: 471256
Der Vortrag erfolgt im Rahmen der Veranstaltungsreihe Sozialistisch, nationalistisch, antisemitisch?! – Das Verhältnis der DDR zum Antisemitismus und wird von der Amadeu Antonio Stiftung gefördert.
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